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Musiktherapeut: Mit Musik helfen

Julius Ohlhoff (29) arbeitet als Musiktherapeut. In einem Krankenhaus musiziert und singt er mit Patientinnen und Patienten. Dabei erlebt er viel Positives.

Zu sehen ist eine Kinderhand, die mit einem Schläger auf einem Metallophon spielt.

Manchmal haben Patienten Vorbehalte, wenn sie zum ersten Mal zu Julius Ohlhoff kommen. Ein Musikinstrument spielen und singen? Ist das nicht albern und etwas für Kinder, fragen sich einige. Doch der Musiktherapeut weiß: Diese Bedenken zerschlagen sich meist schnell, wenn die Patienten merken, wie gut ihnen die Musiktherapie tut.

Musik als Schlüssel zu den Gefühlen

Das Foto zeigt Julius Ohlhoff am Klavier. Das Foto zeigt Julius Ohlhoff am Klavier.

Julius Ohlhoff

Der 29-Jährige arbeitet im Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe in Berlin als Musiktherapeut. Die meisten seiner Patienten kommen von den psychiatrischen Stationen und nehmen an Gruppentherapiesitzungen teil. „Jede Stunde ist anders, weil immer andere Teilnehmer dabei sind“, erzählt Julius Ohlhoff. Die Idee dabei ist allerdings ähnlich: „Musik funktioniert ohne Sprechen, verändert unsere Stimmung, schafft Zugang zu den eigenen Gefühlen, erinnert uns an Vergangenes und entspannt.“

Deswegen wird Musiktherapie häufig in der Gerontopsychiatrie mit älteren Menschen eingesetzt, die beispielsweise an Demenz leiden. „Das ist ein relativ ungezwungenes Zusammenkommen auf der Station, wo wir gemeinsam singen und ich die Gruppe mit der Gitarre begleite.“ Meistens kennen die Senioren viele Volks- und Schlagerlieder von früher und können die Texte teilweise auswendig mitsingen – und trotz der Gedächtnisstörungen einen kleinen Erfolg erleben. Das gemeinsame Singen schafft eine vertrauensvolle und positive Gruppenatmosphäre.

Musik hören oder selbst improvisieren

Julius Ohlhoff kann außerdem einen Musiktherapieraum nutzen, in dem es verschiedene Instrumente wie Klavier, Gitarre, Trommeln und unterschiedliche Schlag- und Zupfinstrumente gibt. „Bei einer Gruppenimprovisation kann sich zum Beispiel jeder der sechs bis acht Patienten ein Instrument aussuchen und wir improvisieren gemeinsam, frei oder nach Vorgaben.“ Der Musiktherapeut gibt dann etwa einen Takt oder die Reihenfolge vor, in der die Teilnehmer einsetzen. „Das macht vielen Patienten Spaß, hellt ihre Stimmung auf und lässt sie aktiv werden.“ Das sei gerade bei Psychiatriepatienten hilfreich, beispielsweise denen mit Depressionen.

Wieder ein anderer Ansatz ist die rezeptive Musiktherapie, bei der die Patienten mit Julius Ohlhoff Musik hören. „Eine Möglichkeit ist, dass sich jeder Teilnehmer ein Lied aussucht, das ihr oder ihm wichtig ist, und diese nacheinander in der Gruppe vorgestellt werden.“ Wer mag, erzählt etwas dazu oder sagt, was das mit einem macht. „Das kann aufwühlen und traurig machen, manchmal fließen Tränen – aber auch darauf wurde ich ja in meiner Ausbildung vorbereitet, wie man Emotionen auffängt und ein Gespräch lenken kann“, erklärt er.

Musiktherapie in der zweiten Ausbildung

Obwohl sich Julius Ohlhoff schon in der Schulzeit für Musiktherapie interessierte und als Kind Klavier und Trompete spielen gelernt hatte, entschied er sich zunächst für ein Wirtschaftsstudium. Über eine Bekannte kam er mit einem Musiktherapeuten in einer Klinik in Kontakt und sprach mit ihm über dessen Beruf. Daraufhin entschied sich der 29-Jährige zu einem beruflichen Wechsel. In Heidelberg ließ er sich an der privaten, staatlich anerkannten SRH Hochschule zum Musiktherapeuten ausbilden, schloss die Ausbildung 2015 ab und begann an einer Klinik nahe Stuttgart. Seit April 2018 arbeitet Julius Ohlhoff nun bei seinem heutigen Arbeitgeber.

„Man kann hier nicht falsch spielen“

Seinen Job empfindet der Musiktherapeut als sehr vielseitig. Er hat Kontakt zu Patientinnen und Patienten von unterschiedlichen Stationen, arbeitet interdisziplinär und tauscht sich mit Ärzten, Sozialarbeitern, Psychologen, Fachtherapeuten und Pflegern aus. Für den Beruf müsse er sich regelmäßig auf neue Situationen und Menschen einstellen. „Überhaupt sollte man empathisch sein und Interesse an Menschen haben.“

Besonderen Spaß macht es ihm, wenn er sieht, dass er den Menschen helfen kann. „Am Anfang beruhige ich die Teilnehmer, dass niemand ein Profi-Musiker sein muss – man kann hier nicht falsch spielen.“ Für ihn ist der Beruf eine tolle Kombination: „Ich kann Musizieren und damit mein Hobby zum Beruf machen – und gleichzeitig Menschen helfen. Das ist eine sinnvolle Tätigkeit.“