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Statements: Food-Trends 4.0

Fleisch aus dem Labor, Pizza aus dem 3-D-Drucker, Brot aus Algen und Burger aus Insekten. Das sind Beispiele für zukünftige Ernährungstrends. Worauf es bei diesen neuen Trends ankommt und wie sie überhaupt hergestellt werden, erklären eine Unternehmerin und ein Unternehmer.

Angebotstafeln in einer Gastronomie.

Folke Dammann, Gründer von SNACK INSECTS in Witzeeze

Porträtfofo von Folke Dammann Porträtfofo von Folke Dammann

Folke Dammann

Über zwei Milliarden Menschen essen weltweit Insekten, daher stellt sich die Frage, warum wir es nicht tun. Insekten sind eine nachhaltige Alternative zu Fleisch, die Zucht benötigt viel weniger Ressourcen und verursacht nur einen Bruchteil an Treibhausgasen. Wenn es dann auch noch schmeckt, sollten wir dieses Potenzial nutzen. Natürlich ist es eine Herausforderung Produkte zu vermarkten, die sehr stark polarisieren. Deshalb spielt Aufklärung eine wichtige Rolle.

Wir arbeiten seit Beginn an nur mit speziellen Farmen aus Europa zusammen, die Speise-Insekten speziell für den menschlichen Verzehr züchten. Die Fütterung, Aufzucht und Weiterverarbeitung werden nach europäischen Lebensmittelstandards durchgeführt und kontrolliert. So ist die Produktqualität gewährleistet und alle Produktionsabläufe sind transparent. Es werden einige Faktoren berücksichtigt – zum Beispiel erfolgt die Fütterung der Insekten auf rein pflanzlicher Basis und die Insekten werden ohne den Einsatz von Hormonen, Pestiziden oder Antibiotika produziert.

Wir Menschen sind mit unserer aktuellen Ernährungsweise an einem Punkt angelangt, an dem ein Umdenken in verschiedene Richtungen nötig ist. Vor allem benötigt die Welt neue Lösungsansätze für eine künftige Nahrungsmittelversorgung, denn das Bevölkerungswachstum und der Klimawandel stellen für uns große Herausforderungen dar. Einer davon ist sicherlich Insektenprotein, sowohl im Food- als auch im Futtermittelbereich. Daher sollten ungenutzter Überproduktion von Lebensmitteln, Billigfleisch sowie falschen und dazu ungesunden Ernährungsweisen verstärkt entgegengewirkt werden. Noch befinden wir uns bei der Insektenproduktion für Verzehr und Futtermittel am Anfang, aber schon jetzt wird Insektenmehl oder -öl in der Lachszucht oder anderen Aquakulturen erfolgreich eingesetzt und kann so eine regionale Alternative zu Soja und Fischmehl darstellen.

Sobald die Akzeptanz von Insekten bei den Verbrauchern vorhanden ist, kann Insektenprotein sicherlich auch in Europa einen festen Bestandteil in der Lebensmittel- und Futtermittelindustrie einnehmen und so eine ressourcenschonendere Proteinversorgung vorantreiben. Ich hoffe, dass künftig auch die Politik verstärkt in diese Richtung arbeitet und Rahmenbedingungen für eine nachhaltigere Ernährung schafft. Und hierbei geht es nicht ausschließlich um die sicherlich sinnvolle Alternative 'Insekt'. Dass irgendetwas schiefläuft, wenn Schweinefleisch im Supermarkt billiger verkauft wird als Gemüse, müsste jedem klar sein.

Laura Gertenbach, CEO bei Innocent Meat in Papendorf

Ich möchte sicherstellen, dass wir auch in Zukunft Fleisch essen können. Clean Meat war eine logische Ergänzung zu meinem hiesigen Fleischgeschäft. Die Vorteile von Clean Meat sind überzeugend: Weniger Fläche, weniger Ressourcen und dazu wird noch der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen gesenkt. Clean Meat ist kultiviertes Fleisch, das nicht von geschlachteten Tieren, sondern durch In-vitro-Zellkultur (damit bezeichnet man organische Vorgänge, die außerhalb eines lebenden Organismus stattfinden, Anmerkung der Redaktion) von tierischen Zellen hergestellt wird. Das funktioniert so: Zelllinien werden von den ausgewählten Tieren zum Beispiel einem Rind entnommen und nach bestimmten Merkmalen sortiert. Die Stammzellen werden für exponentielles Wachstum in einen Bioreaktor transferiert. Unter perfekten Bedingungen differenzieren sich dann die Stammzellen in Fett- und Muskelzellen – dadurch entstehen Produkte auf Basis von Hackfleisch für Burger, Wurst, Fertiggerichte.

Mit diesem Verfahren verfolgen wir als Start-up das Ziel, eine Alternative zur konventionellen Schlachtung aufzubauen und einen reibungslosen Übergang zu sauberem Fleisch zu ermöglichen, damit jeder verantwortungsbewusstes Essen genießen kann. Mittlerweile wachsen wir zu einem vielfältigen Team von problemlösenden Lebensmittelliebhabern heran. Was das Thema nachhaltige Ernährung in der Zukunft betrifft, habe ich einen Wunsch und zwar, dass das Cellular  Agriculture (Erzeugung von tierischen Nahrungsmitteln und Rohstoffen durch Zellkulturen, Anmerkung der Redaktion) als Teil der Landwirtschaft anerkannt wird. Denn Biotechnologie ist ein Teil der nachhaltigen Ernährung.